Vier Personen stehen ganz am Anfang der Geschichte der Süddeutschen Elektromotorenwerke SEW: ein erfindungsreicher Konstrukteur, ein mutiges Unternehmerehepaar und deren Tochter. Tausende Menschen folgten ihnen im Lauf der Jahrzehnte. Sie alle gemeinsam machen das Unternehmen zu dem, was es heute ist: einer der weltweit führenden Anbieter von Antriebs- und Automatisierungstechnik. Erfahren Sie mehr über die Menschen hinter den Maschinen und ihre Ideen für eine bewegte Zukunft.
Der Feinmechanikermeister, der sein Handwerk für Elektromotoren in den USA erworben hatte, eröffnet 1913 in Bruchsal eine kleine Reparaturwerkstatt. Aus dieser geht die Albert Obermoser AG hervor, die jedoch in Folge der schwierigen Nachkriegsjahre finanziell in Schieflage gerät. Obermoser muss sein Unternehmen an einen Industriekonzern verkaufen, der ebenfalls in Schlingern gerät. Für die Obermoser AG sieht die Bank jedoch Zukunftschancen und plant eine Revision. Zu diesem Zeitpunkt ist er bereits aus der Albert Obermoser AG ausgestiegen und setzt mit der Albert Obermoser KG sein Unternehmertum fort.
1927 wird der Bankkaufmann Christian Pähr mit der Sanierung der Albert Obermoser AG beauftragt. Als Obermoser aus seiner früheren Firma aussteigt und parallel die Albert Obermoser KG gründet, leitet Christian Pähr die gleichnamige AG zunächst weiter. Am 13. Juni 1931 übernimmt er die Fabrikationsrechte und gründet mit den Süddeutschen Elektromotorenwerken sein eigenes Unternehmen. Nur vier Jahre später stirbt er 1935 im Alter von 70 Jahren.
Trotz wegweisender Technologie gerät die Albert Obermoser AG infolge der Weltwirtschaftskrise 1929 in Zahlungsschwierigkeiten. Aus der Konkursmasse gründet der Bankkaufmann Christian Pähr am 13. Juni 1931 die Süddeutschen Elektromotorenwerke SEW. Im Bild die Belegschaft: Sie wächst kurz nach der Gründung auf 35 Mitarbeitende.
Obwohl zum ungünstigsten Zeitpunkt gegründet, übersteht das Unternehmen die Weltwirtschaftskrise und entwickelt sich. Als Direktor verdient Christian Pähr 441 Reichsmark im Monat, die Löhne und Gehälter der Mitarbeitenden liegen zwischen 24 und 199 Reichsmark.
Die Tochter des SEW-Gründers unterstützt ihre Mutter nach dessen frühem Tod bei der Unternehmensleitung ab 1941 als Prokuristin. 1942 heiratet sie den Offizier Ernst Blickle.
Nach kurzer Kriegsgefangenschaft kehrt Ernst Blickle nach Bruchsal zurück. Als seine Schwiegermutter im Dezember 1945 stirbt, übernimmt er die Leitung der SEW. Der Visionär Ernst Blickle erkennt rasch die Chancen der Technik und eignet sich Fachkenntnisse an: Beides nutzt er konsequent für den Ausbau seines Unternehmens.
Der für SEW in Brasilien aktive und ansässige Rainer Blickle kehrt nach dem Tod des Vaters zurück in die Heimat. Als geschäftsführender Gesellschafter kümmert er sich insbesondere um die Märkte und Tochtergesellschaften in Indien, Südamerika und Europa. Anders als viele andere Unternehmen zu dieser Zeit hält er dabei am angestammten Standort Deutschland und am Firmensitz in Bruchsal fest und investiert dort nach und nach in neue Gebäude und Werkshallen. Bis zu seinem Ausscheiden aus der Unternehmensleitung in 2013 entstanden u. a. in Bruchsal die erste Elektronikfertigung, das Ernst-Blickle-Innovation-Center (EBIC), die DriveAcademy®, das Großgetriebewerk sowie viele weitere Werke auf der ganzen Welt. Am 3. März 2021 stirbt er im Alter von 73 Jahren.
Bereits seit über 10 Jahren leitet Jürgen Blickle als alleiniger geschäftsführender Gesellschafter erfolgreich die Geschicke des Unternehmens. Trauer und feierliche Momente liegen dabei oft nahe beieinander. Nach dem Tod des Bruders Rainer Anfang März 2021, stehen für Jürgen Blickle im Sommer 2021 gleich zwei runde Jahrestage an, die es zu würdigen gilt: sein 70. Geburtstag und das 90-jährige Jubiläum der SEW-EURODRIVE. Der Familientradition folgend bekennt sich auch Jürgen Blickle zum Standort Deutschland. Die neuen Werkshallen Süd und Nord in Graben-Neudorf, die neue Elektronikfertigung, große Parkhäuser für die Mitarbeitenden in Bruchsal und Graben-Neudorf, eine Betriebs-Kindertagesstätte, die Infrastrukturzentrale sowie noch im Bau bzw. in der Planung befindliche Maßnahmen geben darüber ein deutliches Zeugnis ab.
Anfang der 20er Jahre dominieren in den Fabrikhallen Antriebe mit Transmissionsriemen. Entsprechend hoch war dort nicht nur die Lautstärke, sondern auch die Verletzungsgefahr. Ganz zu schweigen vom hohen Energiebedarf. Eine bahnbrechende und 1928 patentierte Erfindung von Albert Obermoser bietet endlich eine Alternative zu diesen Antriebsriemen. Die von Obermoser als „Vorgelegemotor“ bezeichnete Antriebseinheit koppelt den Motor an das Getriebe – ein Stirnradgetriebe. Der Vorteil: Die Lösung ist kompakt und platzsparend, läuft wesentlich ruhiger und präziser und spart außerdem Energie.
Die wohl wegweisendste Erfindung im Bereich der Antriebstechnik gelingt SEW-EURODRIVE Mitte der 60er Jahre: Das modulare Baukastensystem für Getriebemotoren bildet bis heute eine der wichtigsten Säulen für den Erfolg des Unternehmens. Eine überschaubare Anzahl von standardisierten Einzelteilen und Komponentengruppen ist die Basis für unzählige Kombinationsmöglichkeiten für jeden Kundenwunsch. Schnelle Montage und schnelle Lieferbarkeit ermöglichen SEW-EURODRIVE einen wichtigen Wettbewerbsvorteil.
Als SEW-EURODRIVE 1973 die Albert Obermoser KG übernimmt, ergänzen neue Motoren, Motorentypen und entsprechendes Zubehör das Portfolio. Dazu gehören Keilriemen- und Reibrad-Verstellgetriebemotoren, Kupplungen, Bremsmotoren, Gleichstrommotoren, Stromrichter und ergänzende elektrische Komponenten.
Auf der HANNOVER MESSE 1977 präsentiert das Unternehmen außerdem eine weitere Erfindung: Das Parallelwellengetriebe mit seinem hohen Wirkungsgrad, ermöglicht nun den Einsatz mit größerer Leistung und ist dabei deutlich leiser als die bisherigen Getriebeformen.
Mit Beginn der 1980er Jahre erobern PCs die Büros von Entwicklern und Konstrukteuren. Mit dem Einsetzen des CAD-Booms wird auch das Konstruieren von Antrieben wesentlich einfacher und schneller. Damit hält in den 80ern nicht nur im Büro die Elektronik Einzug, sondern auch in der Antriebstechnik und läutet damit die industrielle Automatisierung ein. Auch bei SEW-EURODRIVE regeln nun Frequenzumrichter die Getriebemotoren. Elektronische Steuerungen lassen nicht lange auf sich warten.
Ernst Blickle entschließt sich die Antriebselektronik nicht mehr zuzukaufen sondern bei SEW-EURODRIVE selbst zu entwickeln und herzustellen. 1991 fällt die Entscheidung, hierfür in Bruchsal ein neues Werk für die Elektronikfertigung einzurichten. Das in den Folgejahren entwickelte Gesamtkonzept des Unternehmens setzt Maßstäbe in der Antriebstechnik. Dazu gehören auch spielarme Getriebe und Servomotoren, die ab den 90er Jahren das Programm erweitern.
Vom dezentralen Antrieb MOVIMOT® ist der Weg nicht weit zur ersten Antriebseinheit, die Motor, Getriebe und Umrichter in einem Gehäuse vereint. Mit dem MOVIGEAR® – ebenfalls auf der HANNOVER MESSE vorgestellt – hält ab 2005 die Mechatronik Einzug in die Antriebstechnik. 2011 kommt angelehnt an das MOVIGEAR® der Elektronikmotor (Motor und Umrichter in einer Einheit) hinzu.
Zwei Jahre nach MOVIGEAR® beweist SEW-EURODRIVE eindrucksvoll auf der HANNOVER MESSE, dass das Unternehmen auch selbst eine wegweisende Industriegetriebe-Plattform herstellen kann – wie gewohnt ebenfalls nach dem bewährten Baukastenprinzip des Antriebsspezialisten. Um die steigende Nachfrage nach diesen Getrieben erfüllen zu können, entsteht in Bruchsal ein neues Produktionswerk für Großgetriebe.
Auch in der heutigen Zeit erweist sich das bewährte Baukastenprinzip von SEW-EURODRIVE als zukunftsweisend. Mit MOVI-C® gelingt dem Unternehmen der Generationenwechsel. Mit MOVI-C® werden nicht nur die Antriebstechnik, Umrichtern und Steuerungstechnik aufeinander abgestimmt, sondern auch die Engineering-Software und die vorprogrammierten Software-Modulen. Schnell genügt die Fertigungskapazität des 1999 fertiggestellten ersten Elektronikwerkes nicht mehr aus. 2017 ist daher ein Neubau in Bruchsal unumgänglich.
Um Anwendungen wie Trommeltrockner oder Spanplattenpressen zukünftig besser bedienen zu können, entwickelt SEW-EURODRIVE auf Basis seiner Baureihe P und anderer bewährter Komponenten eine neue Industriegetriebe-Plattform. Das besonders kompakt gebaute koaxiale Planetengetriebe ermöglicht neben hohen Drehzahlen eine auf dem Markt bisher unerreichte Leistungsfähigkeit und Wärmegrenzleistung auf kleinem Raum.
Schnittzeichnung eines Getriebemotors aus den 1960er Jahren. Je nach Anforderung kann er mit verschiedenen Getrieben verbunden werden. Bewegen Sie den Slider, um das Innere des Getriebemotors zu entdecken.
Sie sind mobil und skalierbar, autonom oder spurgeführt: Komponenten der ganzheitlichen Systemlösung unserer Marke MAXOLUTION® für die Lean Smart Factory des 21. Jahrhunderts. Innovative Hard- und Software, basierend auf unserem bewährten Technologiebaukasten.
Im Ernst-Blickle-Innovation-Center forschen und entwickeln mehr als 550 Menschen aus aller Welt. Ihr gemeinsames Ziel: neue Ideen, Produkte und Technologien zu entwickeln für die Antriebstechnik und Antriebsautomatisierung der Zukunft.