Intralogistik ohne Schleppkette: Energie und Daten kontaktlos übertragen
Wie durchlaufen Produkte möglichst schnell die Intralogistik innerhalb von Maschinen oder Anlagen? Und wie lässt sich dieser Materialfluss möglichst effizient und platzschonend realisieren? Gemeinsam mit EMAG ist SEW-EURODRIVE ein Novum gelungen: Ein Portalroboter mit optischer und induktiver Signal- und Energieübertragung.
gegründet in 1867 als Eisengießerei und Maschinenfabrik in Bautzen
Neugründung in 1952 in Eislingen/Fils mit dem Bau von Drehmaschinen und Sondermaschinen
Unternehmenssitz: seit 1969 im baden-württembergischen Salach (Landkreis Göppingen)
Mitarbeiter weltweit über 3000
Portalroboter als Großmodell auf der Messe SPS im November 2018
intralogistischen Materialfluss optimieren
verbundene Anlagen für die Zukunft rüsten hinsichtlich Flexibilität, Kommunikation und Sicherheit
Produkte automatisch erkennen, sicher greifen und zügig ans Ziel bringen
Portalsystem ohne die bekannten Energieführungsketten
deutliche Energeieinsparung
starker Partner für die komplette Automatisierungstechnik
kontaktlose Energie- und Datenübertragung
optische und induktive Wege der Signal- und Energieübertragung
mehrere Roboter auf der gleichen, horizontalen Strecke weitgehend frei beweglich
induktive Energieübertragung MOVITRANS® mit dezentralem Einspeisemodul TES
kurzzeitiger Energiebedarf aus Energiespeicher DPS gespeist
Datenlichtschranke für Echtzeit-EtherNET-Protokoll EtherCAT
interpolierte Lagesollwerte werden im 1-ms-Raster von der zentralen SEW-Steuerung an die vier Servoregler in der mitfahrenden SEW-Gehäusebox übertragen
MOVI-C®-Controller zur Berechnung der komplexen Roboter-Motion-Control
zentrale Sicherheitssteuerung für alle Roboter und die Gesamtmaschine
Smarte Bedienung des Portalroboters über ein mobiles Touchpanel
Wir fingen daher schon vor Jahren an, eigene Automatisierungslösungen zu entwickeln, um möglichst flexibel auf Kundenanforderungen reagieren zu können. Weil wir aber in erster Linie Hersteller von Werkzeugmaschinen sind, entschlossen wir uns, für die Weiterentwicklung dieser Automatisierungstechnik einen starken Partner zu suchen, der uns vor allem bei den Themen Elektro- und Steuerungstechnik unterstützt.
Dass dabei die Wahl auf SEW-EURODRIVE fiel, bedurfte keiner langen Überlegung.
Schließlich verbindet beide Unternehmen eine jahrelange, vertrauensvolle Geschäftsbeziehung. Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir bereits auf der SPS 2018 ein erstes Ergebnis dieser Zusammenarbeit präsentieren konnten, bei dem EMAG die mechanischen Komponenten und SEW-EURODRIVE die komplette Energie-, Elektro- und Steuerungstechnik entwickelte.
Klaus Just, Leiter der Systemplanung bei SEW-EURODRIVE
Solche Abläufe wären mit Energieführungsketten früher nicht so einfach möglich gewesen
Im Gegensatz zum bekannten DC-Zwischenkreisverbund von Mehrachsanwendungen im zentralen Schaltschrank, versetzen wir jede Einheit in die Lage, für sich selber Energie zu speichern. Das macht es sehr einfach.
Wir nehmen Maschinenbereiche von der Kette, machen die damit verbundenen Ressourcen beweglich und Anlagen insgesamt für die Zukunft flexibler und produktiver. Dabei verzichten wir auf eine gesonderte Steuerung in jedem Roboter.
In der Intralogistik des Maschinenbaus sind Portalroboter die bewährte und gängige Systemlösung für den Materialfluss zwischen den Maschinen oder Fertigungszentren. Dabei übernehmen überlicherweise Schleppketten die Mitführung von Energie- und Datenkabeln.
Unsere bahnbrechende Neuheit für kartesische Roboter macht nun Schluss mit diesen platzraubenden und unflexiblen Energieführungsketten. Möglich wird das durch eine intelligente Systemlösung mit optischer und induktiver der Signal- und Energieübertragung.
Enorme Freiheit bei den Abläufen in der Logistik
Auch mehrere Roboter auf der gleichen Strecke möglich
So intelligent kann man die Intralogistik mit einem Portalroboter lösen: Indem sich gleich mehrere Roboter auf der gleichen Strecke horizontal und frei bewegen lassen, werden logistische Abläufe möglich, wie sie mit Energieführungsketten kaum realisierbar wären. Sogar überlappende Abschnitte meistert die Lösung.
Im Vergleich dazu müssten mit Energieführungsketten, die ja ständig mit zu bewegen sind, deutlich größere Massen in Bewegung versetzt werden. Infolgedessen käme es zu einem hohen Lärmpegel, hohem Verschleiß und Einbußen in der Dynamik. Gleichzeitig wäre durch die entstehende Reibung der Energieverbrauch unnötig hoch. Gut, dass mit der neuen Lösung all das bei EMAG der Vergangenheit angehört
Besonders smart wird Aufbau unserer Systemlösung für Portalroboter dank der induktiven Energieübertragung MOVITRANS® und dem dezentralen Einspeisemodul TES. Dadurch gibt es keine Einschränkungen mehr hinsichtlich Bauraum, Verschleiß, Energieverbrauch oder möglichem Kabelbruch. Freiheit und hohe Dynamik statt limitierter Zykluszahlen sind jetzt die Devise. Mit unserer modularen Maschinenautomatisierung sind nun Übertragungsleistungen zwischen 3 und 8 kW machbar.
Energiespeicherung statt Energieverschwendung
Energieübertragung MOVITRANS® mit dem dezentralen Einspeisemodul TES
Besonders spannend wird die Automatisierungslösung für die EMAG, wenn man sich die Energiebilanz betrachtet. Obwohl alleine schon für die Beschleunigung auf der Horizontalachse über drei Kilowatt an Leistung erforderlich sind, muss der Roboter über den gesamten Lastzyklus nicht einmal 500 Watt über den MOVITRANS® Übertragerkopf aufnehmen.
Der Trick: Kurzzeitigen Energiebedarf entnimmt die Applikation aus dem dezentralen MOVI-DPS®-Speicher. Bei diesem Speicher (DPS = Drive Power Solution) handelt es sich um ein Doppelschicht-Kondensator-Paket, das für die Stromversorgung der Roboter mit 100 VDC-Zwischenkreisspannung zuständig ist.
Doch woher kommt die Energie in diesen Energiespeicher? Betrachtet man sich einen Portalroboter bzw. sein typisches Fahrprofil, fällt auf, das sich hier Beschleunigungsphasen mit Bremsphasen abwechseln. Anstatt die während der Bremsphasen erzeugte generatorische Energie – wie sonst üblich – über Widerstände abzuführen, hält die Lösung von SEW-EURODRIVE diese Bremsenergie über den dezentralen Energiespeicher im Prozess.
Die Wirkweise des DPS-Energiespeichers kommt dabei einem Booster gleich, wenn die Antriebe des Portals die Roboter von Null auf sechs Meter pro Sekunde beschleunigen. Die Energieersparnis ist enorm. Denn mit dieser MOVITRANS®-Lösung sind nur noch die mechanischen Verluste auszugleichen. Mit dem Effekt, dass das System für einen Lastzyklus in Summe nur noch 500 Watt verbraucht.
Sichere optische Kommunikation in Echtzeit
Optische und induktive Signal- und Energieübertragung
Völlig ohne mitzuführende Kabel funktioniert auch die Kommunikation im Portalroboter. Statt dessen kommt eine Datenlichtschranke für das Echtzeit-Ethernet-Protokoll EtherCAT® als optische Verbindung zu den mobilen Einheiten zum Einsatz. Über diese Datenlichtschranke lassen sich die Antriebsdaten in Kaskaden an die mobilen Einheiten im System übergeben. Eine gesonderte Steuerung für jeden der Roboter ist damit überflüssig. Nur eine Millisekunde dauert dabei ein Zyklus – und das quasi ohne zu berücksichtigende Latenzzeiten beim Senden der interpolierbaren Lage-Sollwerte an die Regler bzw. bei der Rückmeldung der Istwerte.
Auch die Kommunikation für die funktionale Sicherheit funktioniert via EtherCAT®. Alle mobilen Einheiten und die Gesamtmaschine sind dabei über eine zentrale Sicherheitssteuerung verbunden. Verwendet wird dafür das EtherCAT®-Safety-Protokoll Safety over EtherCAT®, das die direkte Kommunikation von der Sicherheitssteuerung zum MOVI-C® CONTROLLER herstellt.
Diese Lösung macht einen einfachen Datenaustausch zwischen beiden Steuerungen möglich, vereinfacht außerdem die Programmierung und schafft durch die gewonnene Informationsdichte beste Voraussetzungen für die Diagnose und das Debugging.
Mit dieser Anwendung zeigen wir, dass sich sowohl ein Safety over EtherCAT®-Master als auch eine EtherCAT®-Datenlichtschranke nahtlos in die Automatisierungswelt von SEW-EURODRIVE integrieren lassen.
Roboter-Motion-Control einfach und flexibel gelöst
MOVI-C® CONTROLLER und Sicherheitstechnik im Schaltschrank
Nur eine zentrale Steuerung für bis zu vier mobile Roboter: Ein MOVI-C® CONTROLLER aus unserem Automatisierungsbaukasten MOVI-C® übernimmt die Berechnung der komplexen Roboter-Motion-Control.
Bei der Berechnung der Bewegungsprofile geht es neben der Kollisionsvermeidung um die exakte Koordinierung der eingebundenen Roboter insbesondere auch im Hinblick auf die Produktivität der Applikation im Ganzen.
Die Maschinenautomatisierungslösung von SEW-EURODRIVE ist dabei so flexibel, dass Anwender auf Änderungen schnell und wandlungsfähig reagieren können. Sollte beispielsweise eine der Maschinen im Produktionsverbund die doppelte Materialflussleistung benötigen, lässt sich ein Roboter im Portalsystem flexibel für diesen Bereich abziehen und nutzen.
"Von der Kette genommen" sind Maschinenbereiche mit ihren beweglicheren Ressourcen in Zukunft deutlich flexibler und produktiver.