Lastmanagement für Roboter in der Kunststoffverarbeitung
Energiekonzept bringt Ilsemann Betriebssicherheit und Effizienz
Ilsemann Automation entwickelt ein XYZ-Portal für die Verarbeitung von Kunststoff in der Lebensmittelindustrie. Energieversorgung und Lastmanagement der Servomotoren übernimmt Antriebstechnik von SEW-EURODRIVE.
Hochdynamische Bewegungen effizient und sicher realisiert
Ilsemann Becherentnahmesystem
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Energiemanagement für hochdynamische Entnahmesysteme in Spritzgussanlagen von Ilsemann Automation
Video: Einsatz bei Ilsemann Automation
Mit hochdynamischen Bewegungen beschleunigen die Antriebe des Portals große Massen. Dabei setzen seine Servomotoren große Energiemengen um, die über den generatorischen Effekt beim Bremsen ins Antriebssystem zurückfließen.
Hier sorgt Antriebs- und Automatisierungstechnik von SEW-EURODRIVE für ein hocheffizientes Lastmanagement und sichert die Energieversorgung der Servoantriebe – auch bei Netzschwankungen. Außerdem profitieren die Ilsemann-Kunden aus der Lebensmittelindustrie von geringeren Kosten für Energie, Netznutzung und Versorgungstechnik.
Mit unserer Power and Energy Solution, kurz PES, können unsere Kunden die Betriebssicherheit und -verfügbarkeit ihrer Anlagen sicherstellen und außerdem erhebliche Kosten für Energie und Installationsmaterial einsparen.
Wir kennen sie als Joghurt-Behälter am Frühstückstisch oder als rote Trinkgefäße aus amerikanischen College-Filmen: dünnwandige Becher aus Kunststoff. In der Lebensmittelindustrie kommen sie millionenfach zum Einsatz. Hergestellt werden die Becher im Spritzgussverfahren. Hier stellen die für die Lebensmittelindustrie typischen hohen Stückzahlen und Produktionsgeschwindigkeiten enorme Anforderungen an Produktivität, Effizienz und Verfügbarkeit. An diesen Kriterien muss sich auch die Entnahmetechnik messen, welche die fertigen Kunststoff-Becher aus der Spritzgussanlage entnimmt.
Ilsemann Automation, ein weltweit aktiver Spezialist für Roboterkinematik aus Bremen, entwickelte für diese Aufgabe ein neues XYZ-Portal mit mehrachskoordinierten Servoantrieben. Mithilfe hochdynamischer Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen garantiert das Antriebssystem des Entnahme-Roboters ein sehr hohes Produktionstempo.
Eine besondere Herausforderung an die Entwickler stellte dabei das Lastmanagement. Ihr Ziel lag darin sicherzustellen, dass die Antriebstechnik die energieintensiven Bewegungen möglichst effizient durchführt. Und das nicht nur unter Idealbedingungen, sondern auch dann, wenn die Energieversorgung nicht konstant bleibt. Etwa bei Spannungsschwankungen oder gar bei einem Strom-Ausfall wegen eines kompletten Netzzusammenbruchs.
Für diese kniffelige Aufgabe holte sich Ilsemann einen Engineering-Partner an Bord: unsere Antriebsspezialisten von SEW-EURODRIVE und die Power and Energy Solutions (PES). Nicht zuletzt deshalb, weil wir als global aufgestelltes Unternehmen den Support für Ilsemann-Kunden auf allen Kontinenten sicherstellen können. Auch der Umweltpreis des Landes Baden-Württemberg für unser intelligentes Leistungs- und Energiemanagement mag eine Rolle gespielt haben.
Bremsenergie effizient nutzen
Umrichter MOVIDRIVE® modular und PES-Module
Die „Muskeln“ des Bremer Portalsystems für die Lebensmittelindustrie bestehen aus den Servomotoren für die Portalantriebe sowie weiteren Servoantrieben für Dreh-, Klapp-, und Ablageachsen, die in einem DC-Zwischenkreisverbund angeordnet sind. Eine zentrale Einspeisung aus der Baureihe MDP92A übernimmt die Energieversorgung der Servomotoren, während sich sieben MOVIDRIVE®-Antriebsregler – quasi als „Nervensystem“ – um die Regelung kümmern.
Um die hohe Produktionsgeschwindigkeit in der Kunststoffverarbeitung zu erreichen, beschleunigen die Servomotoren des Portals große Massen sehr schnell – und bremsen sie praktisch sofort wieder ab. Bei dieser hohen Dynamik ist der Energiebedarf beachtlich, doch über den generatorischen Effekt während des Bremsvorgangs gewinnt das Antriebssystem einen großen Teil der eingesetzten Energie zurück. Hier setzt unsere Lösung für das Lastmanagement an. In Zusammenarbeit mit Ilsemann integrierten wir einen EMK-Plattenkondensator aus der MOVI-DPS®-Reihe in den DC-Verbund. Elektronisch sitzt er zwischen der Einspeiseeinheit und den Antriebsreglern.
Anstatt die freiwerdende Bremsenergie über Widerstände abzuführen, nimmt das Kondensatormodul die Energie aus den Servoantrieben auf, um sie bei der Beschleunigung an die Antriebe zurückzuspielen. Dieser Aufbau hat zwei enorme Vorteile, die Ilsemann einen Wettbewerbsvorsprung verschaffen: höhere Betriebssicherheit und deutliche Kosteneinsparung durch gesteigerte Energieeffizienz und die Begrenzung von Lastspitzen.
Betriebssicherheit hoch, Energieverbrauch runter
Umformwerkzeug mit dünnwandigen Bechern
Während des Entnahmeprozesses greift die Handlingseinheit direkt in den Arbeitsraum der Kunststoff-Spritzgussmaschine. Bis sich die Maschine wieder schließt, steht ihr nur ein extrem kurzes Zeitfenster offen: In nur 0,7 Sekunden entnimmt das Portal den fertigen Becher, um ihn anschließend auf ein Abführband zu stapeln. Kommt es während des Entnahmevorgangs zu Spannungsschwankungen, steigt das Risiko, dass die Servoantriebe die Bewegung nicht rechtzeitig beenden können. Kurz: die Handlingseinheit kollidiert mit dem Spritzgusswerkzeug. Ein äußerst kostspieliger Schaden entsteht, der durch die Produktionsausfälle mit jeder Minute wächst.
Nicht so mit dem EMK-Plattenkondensator. Aus seinem Speicherpuffer speist er den DC-Verbund der Motoren. So gleicht er jede auftretende Netzschwankung sicher aus – bis hin zum Komplettausfall der Energieversorgung. Möglich macht das die Kapazität der Speichereinheit. Sie ist so ausgelegt, dass die Handlingseinheit den laufenden Arbeitszyklus in jedem Fall beenden kann. Eine Kollision mit dem teuren Spritzgusswerkzeug ist so ausgeschlossen. Ein klarer Gewinn für die Versorgungs- und Betriebssicherheit der Kunden von Ilsemann.
Darüber hinaus bietet das Lastmanagement aus dem Hause SEW-EURODRIVE deutliche Vorteile beim Strombedarf: Messungen bescheinigen dem Portal einen halbierten Energieverbrauch. Der Grund dafür liegt in der Effizienz des Aufbaus: der Kondensator wirkt wie ein Akku, der den Motoren in der Beschleunigung einen Boost versetzt. Und das mit einem so hohen Wirkungsgrad, dass keine kinetische Energie über Bremswiderstände abgeführt werden muss.
Kosteneinsparungen durch Lastmanagement
Energiespeichermodule MOVI-DPS® mit Lüftern
Verringerter Energiebedarf und sicherer Betrieb sind jedoch nicht die einzigen Vorteile für die Kunden von Ilsemann. Enorme Einsparungspotentiale erwachsen ihnen außerdem aus der Begrenzung von Lastspitzen, die das Portal über den Zwischenspeicher innerhalb des Systems ausgleicht. Ein großer Vorteil, wenn es um die Netznutzungsgebühren geht. Außerordentliche Lastspitzen treiben diese Gebühren nämlich minutenschnell in schwindelerregende Höhen.
Dazu ein Rechenbeispiel für ein Unternehmen, das jährlich mehr als 2.500 Stunden für 120 Euro pro Kilowatt abnimmt: Erhöht sich nun der Leistungsbezug innerhalb von 15 Minuten um 100 Kilowatt – beispielsweise durch eine Lastspitze – entstehen Kosten von 12.000 Euro. Ein Problem, das der SEW-EURODRIVE-Aufbau im Ilsemann-Portal effektiv beseitigt.
Ein weiterer positiver Effekt zeigt sich bei der Versorgungsinstallation. Da das Portal Lastspitzen über den Speicher bedient, muss die Versorgungsinfrastruktur nur noch konstant nachliefern. Somit kann sie deutlich schlanker und einfacher ausgeführt werden.
So geschehen in einem ersten Kundenprojekt: Die Spitzenlast fiel mit dem neuen Ilsemann-Portal von bisher 52 Kilowattauf gerade einmal sechs Kilowatt. Damit konnten auch die Anschlussquerschnitte der Versorgung von 16 auf 2,5 Quadrat-Millimeter verringert werden. Noch verstärkt wird dieser positive Effekt durch den Wegfall einer unterbrechungsfreien Stromversorgung. Unterm Strich wird die Installation also deutlich einfacher, platzsparender und kostengünstiger.
In Kombination mit erhöhter Betriebssicherheit und Energieeffizienz verschafft das Energiekonzept von SEW-EURODRIVE Ilsemann Automation einen Vorsprung, den das Bremer Unternehmen in der Branche der Lebensmittelindustrie nun global ausspielen kann.